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Schnee nach Plan: So nutzt Serfaus-Fiss-Ladis seine wertvollste Ressource

  • Berge erleben
  • Winter
veröffentlicht am geändert am
Lesedauer 3 Minuten
Skifahren von Dezember bis weit in den April hinein: Als schneesichere Destination verspricht Serfaus-Fiss-Ladis Abfahrtsvergnügen vom Saisonstart bis zum allerletzten Schwung nach Ostern. Wie viel Arbeit für den Skispaß nötig ist, weiß Thomas Kirschner, Leiter des Pistenmanagements in Fiss-Ladis. Er erzählt, wie die Ressource Schnee durch ausgeklügeltes Schneemanagement nachhaltig genutzt werden kann – und wie sich die Region auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet.

Die Skisaison neigt sich bereits dem Ende zu, als wir Thomas Kirschner zum Gespräch treffen: Bei frühlingshaften Temperaturen und Sonnenschein ziehen immer noch zahlreiche Skifahrer ihre Schwünge bis ins Tal. „Mein Ziel als Pistenchef, unser Ziel als Pistenteam ist es, dass der Gast vom ersten bis zum letzten Tag der Saison Ski fahren kann – und zwar vom Gipfel bis ins Tal. Diese Schneesicherheit, das ist die Lebensader eines Skigebiets“, sagt er.

Thomas hat in seinem Beruf viele Jahre Erfahrung: 15 Jahre lang hat er selbst Pistenraupen gelenkt und im Fahrerteam Pisten präpariert. Vor elf Jahren hat er Fahrersitz gegen Bürosessel getauscht und koordiniert nun als Leiter des Pistenmanagements das Fahrerteam, beobachtet Wetter und Wind und stimmt sich mit den Mitarbeitern der Beschneiung ab. Er entscheidet, wo wie viel Schnee produziert und wie er verteilt werden muss, um die perfekte Basis für die Pisten zu schaffen. Dabei stets im Fokus: Die Ressource Schnee darf nicht verschwendet werden.

„Wir fangen mit Schneekanonen und Schneelanzen schon ab Ende Oktober an, Schnee zu produzieren. Diesen Schnee nutzen wir bis in den Frühling hinein. Wir schaffen also einen Grundstein, den wir so verschieben können, dass wir bis Ostern beste Bedingungen bieten.“ Thomas’ jahrelange Expertise hilft ihm bei dieser anspruchsvollen Aufgabe: „Wir versuchen ständig, uns noch zu verbessern: Wo können wir Wasserressourcen einsparen? Wo müssen wir noch ein bisschen Schnee produzieren? Wie viel fehlt uns noch, damit wir bis zum Saisonende durchkommen?“

Das Ziel? Genau die richtige Menge Schnee

In Serfaus-Fiss-Ladis wurde vor rund zwölf Jahren mit dem Schneemanagement begonnen. „In Zeiten des Klimawandels wollen wir die vorhandenen Ressourcen bestmöglich nutzen. Und wir haben dann schnell gemerkt: Hoppla, da ist extrem viel Potenzial – da können wir sparen. Wir haben früher oft zu viel Schnee gemacht. Dieser blieb uns dann bis weit ins Frühjahr und nach Saisonende noch erhalten.“ Das sollte sich ändern – und so wurde (und wird!) lange getüftelt, um das Schneemanagement bestmöglich umzusetzen.

Heute sind alle PS-starken Pistenmaschinen der Region mit GPS-Schneemessgeräten ausgestattet: So sehen die Fahrer, wo noch Schnee benötigt wird oder es noch Reserven gibt. Das gesamte Pistengelände, jede einzelne Piste, wird in den Sommermonaten regelmäßig neu vermessen und in die GPS-Geräte eingespeist. Die Geräte sind untereinander vernetzt; so können die Fahrer auch die Spuren der anderen sehen und sich in Echtzeit abstimmen. Diese Daten werden außerdem mit den Beschneiungsanlagen verknüpft, damit nur so viel Schnee wie nötig produziert wird – immer abhängig von der Neigung der Piste, der Sonneneinstrahlung und den über die Jahre gesammelten Erfahrungswerten.

Dieser Schnee ist ganz und gar nicht künstlich

Der technische Schnee ist das Fundament für die guten Pisten in Serfaus-Fiss-Ladis. „Naturschnee ist wichtig, aber natürlich ist uns bewusst, dass es aufgrund des Klimawandels immer weniger Schneetage geben wird. Also müssen wir auf technisch erzeugten Schnee setzen – er ist die Basis, der Naturschnee die Kosmetik.“

Und bevor der falsche Eindruck entsteht, dass dieser Schnee tatsächlich „künstlich“ sei: Im technisch erzeugten Schnee sind Chemikalien verboten und werden nicht eingesetzt. „Das, was die Schneekanonen produzieren, wird aus Wasser in Trinkwasserqualität hergestellt. Das Wasser aus unseren Speicherteichen wird sogar noch einmal UV-gefiltert, bevor es zum sogenannten Kunstschnee wird.“ Beschneit wird dann bei kalten Temperaturen: –2 Grad sind Voraussetzung, ideal sind –10 bis –13 Grad und eine niedrige Luftfeuchtigkeit.

Gut gefüllte Speicherteiche als Basis

Das Wasser für den Schnee stammt aus regionseigenen Speicherteichen – vier in Fiss-Ladis und drei in Serfaus. Da dieses Wasser jedoch für die Beschneiung aller Pisten während der Saison nicht ausreicht, darf zusätzlich eine genau geregelte Menge aus umliegenden Bächen und Flüssen entnommen werden. In unserer Region wird besonders auf eine punktgenaue Beschneiung geachtet, damit Wasser als wertvolle Ressource verantwortungsvoll genutzt und im natürlichen Kreislauf bewahrt bleibt.

Die wichtigste Zutat für perfekten Schnee: Zeit

Das Beschneien selbst ist eine sehr zeitintensive Arbeit: Es reicht nicht aus, einfach einen großen Haufen Schnee zu produzieren und diesen dann zu verteilen. Um einen Untergrund zu schaffen, der von Dezember bis April bis zu 20.000 Skifahrer pro Tag glücklich macht, muss der Schnee Schicht für Schicht aufgebracht werden – 30 cm pro Schicht, dann fräst die Pistenraupe ihr Kettenprofil ein. „Wenn wir die 10 cm tiefen Kettenspuren im Schnee haben, kann er besser durchfrieren. Am nächsten Tag schieben wir mit den Maschinen wieder eine neue Schicht Schnee auf, bis wir die Grunddicke der Piste erreichen. So hat man einen super Aufbau der Piste, der auch im Frühling noch hält.“

Das Fahrerteam der Pistenraupen ist bei dieser Arbeit besonders gefordert – und Thomas hat für seine Mannschaft nur Lob übrig: „Jeder Fahrer hat ja seine Pistenabschnitte, die er immer bearbeitet. Da gibt es dann zum Teil fast schon interne Konkurrenz: Wessen Piste ist am Ende der Saison noch im besten Zustand? Die Fahrer sind da topmotiviert und ehrgeizig, sich weiterzubilden und ihr Bestes zu geben“, erzählt er stolz.

Erfahrung macht den Meister

Der Grundstock an Schnee, der im Herbst produziert wird, ist nur der erste Schritt der Beschneiung, damit die Skisaison starten kann. „Jede Piste wird am Anfang der Saison nicht in ihrer vollen Breite beschneit. Wenn dann das gesamte Gebiet beschneit ist, legen wir eine Schippe nach und gehen in den Endausbau – wir machen die Piste so breit, dass wir bis in den Frühling durchkommen“, erklärt Thomas. Ein wichtiger Faktor dabei ist natürlich das Wetter: Kalte Wochen spielen dem Beschneiungsteam in die Hände, Regen und Wärmephasen machen die Arbeit schwieriger.

Für die perfekte Menge Schnee braucht man also die richtige Temperatur, wertvolles Wasser, viel Zeit, Feingefühl sowie eine umfassende Menge an Daten und Expertise. „Ein erfahrener Kollege aus einem anderen Skigebiet hat mir einmal gesagt: Du kannst das nur über Jahre beobachten. Das ist ein Erfahrungswert, für den du mindestens zehn Jahre brauchst.“

Im Winter für den Sommer vorsorgen: So werden Wiesen geschützt

Der Schnee ist nicht nur im Winter wichtig, sondern sorgt auch dafür, dass die Wiesen und Berghänge in der kalten Jahreszeit gut geschützt sind. „Es gibt das Vorurteil, dass Skifahren die Wiesen zerstöre. Aber die ausreichend dicke Schneedecke – und dafür sorgen wir ja – ist vielmehr ein Schutz“, erklärt Thomas. Die Flächen, auf denen Pisten liegen, sind durch die kompakte Schneedecke immer feucht – und das ist ein Pluspunkt. „Wir sehen, dass das Gras hier zwar einige Tage später wächst, aber schnell aufholt. Gedüngt wird deshalb auch schon im Herbst statt im Frühling, so hat das Gras optimale Wachstumsbedingungen.“

Zusätzlich werden überall, wo Pisten verlaufen, Bodenproben gemacht. „Mich interessiert das auch persönlich, weil ich selbst mehrere Felder bewirtschafte. Wenn wir ein Grundstück als Piste nutzen dürfen, möchte ich, dass der Bauer danach mehr Ertrag hat und seine Wiesen gesund sind – wenn das nicht der Fall ist und der Bauer auf seinen Feldern Schäden hat, wird er uns nicht mehr erlauben, die Flächen als Pisten zu nutzen.“ Diesen Einsatz schätzen die Bauern sehr: Das Team um Thomas ist bemüht, dass es keine Flurschäden gibt. Das Pistenteam fährt nach jeder Saison alle Wiesen ab, kontrolliert die Beschneiungsschächte und räumt auf.

Heute für morgen planen

Eigentlich, sagt der Pistenmanager Thomas, sei er das ganze Jahr mit dem Schnee beschäftigt. Und das sei für ihn der Traumberuf. „Mit all den Herausforderungen, die auf jedes Skigebiet zukommen werden, müssen wir uns vorbereiten. Wir können nicht nur an die nächste Saison denken, sondern müssen weiter vorausplanen. Aber ich bin zuversichtlich: Mit unseren technischen Möglichkeiten, unserem Wissen und unserem Erfahrungsschatz können wir auch in Zukunft gut arbeiten – und schneesicher bleiben.“