Das Museum s'Paules und s'Seppls Haus in Serfaus Fiss Ladis in Tirol | © Serfaus-Fiss-Ladis
Blogautorin Andrea Serfaus-Fiss-Ladis | © christianwaldegger.com
Andrea

Bauernmarktzauber

15.10.2019 · Genuss, Sommer
Ein Tiroler Bauernmarkt ist immer wieder etwas Besonderes und zieht zahlreiche Besucher an. Der Wunsch nach Regionalität in der eigenen Küche steht im klaren Kontrast zu unserer heutigen globalisierten Lebensmittelindustrie. Auch das wachsende Bedürfnis nach einzigartigem Kunsthandwerk, das unmittelbar aus der Umgebung stammt, ist stärker denn je zu spüren. Auf dem Bauernmarkt in Fiss tummelten sich frisch gebackene „Leabala“ (Brotlaibe), „gstrickta Wollsocka“, getöpferte Teeschälchen, raffinierte und traditionelle Schnäpse und viele weitere heimische Produkte unter einem historischen Dach im alten Ortskern des Hochplateau-Dorfes.

Herkunft ist Zukunft

Am vergangenen Mittwoch schaute ich auf dem Bauermarkt im Museum s’Paules und s’Seppls Haus in Fiss vorbei. Auf zahlreichen Ständen wurden diverse heimische Produkte und Kunsthandwerk zum Kauf angeboten. Die ungewöhnliche Dunkelheit des ehemaligen Bauernhauses war magisch, denn von außen drang nur wenig Licht durch die charakteristischen kleinen Fensterchen ins Innere des Gebäudes.


Regionalität ist nicht nur ein Trend, sondern ein Lebensgefühl. Neben frisch gebackenem Brot aus der g‘schmackigen Fisser Gerste, allerlei Schnäpsen und Likören von heimischen Bauern und Hübsches aus der eigenen Schneiderei (Made not in China) wurden zahlreiche weitere Produkte den Einheimischen und Gästen auf den Verkaufsständen präsentiert. Dass die Produkte gut ankamen, spiegelte sich an der hohen Besucherzahl wider.


Galerie am Kirchplatz

 

Auch die Galerie am Kirchplatz in Fiss stellte auf dem Bauernmarkt ihre Schätze aus. Hübsche Keramik- und Porzellanarbeiten lachten auf den Präsentationstischen in dem getäfelten Raum den potentiellen neuen Besitzern entgegen. Die Vielfalt an Produkten auf dem Bauermarkt war beeindruckend. Einige Weihnachtsgeschenke konnte ich bereits ergattern. Hoffentlich freuen sich meine Liebsten über das "Saltgmochte" (Selbergemachtes = Handgemachtes).


Was sind denn Goggala?

Als ich durch den Bauernmarkt schlenderte, hörte ich, als ein Gast bei den Fisser Goggala stand und nicht so recht wusste, was er mit dem Namen „Goggala“ so anfangen sollte. Gloria Knabl, die 2015 gemeinsam mit Florian Plangger die erfolgreiche Marke eingeführt hat, erklärte sogleich, dass das Tiroler Wort „Goggala“  Eier bedeutet. Neben Eierlikör verkaufen sie auch leckere Eiernudeln. Das junge Pärchen hat den Nerv der Zeit getroffen. Ihre Produkte sind sehr beliebt und können auf diversen Märkten und direkt ab Hof gekauft werden (Unterer Spelsweg in Fiss). Derzeit nennen rund 800 glückliche Freilandhühner den Hühnerstall des Paares ihr Zuhause.


Bauernmarkt umgeben von Geschichte

Aus dem ehemaligen Bauernhaus aus dem 14. Jahrhundert wurde behutsam ein interessantes heimatkundliches Museum geschaffen, das neben der abwechslungsreichen Baugeschichte auch das Leben der Bewohner des Hauses dokumentiert. Nebenbei erwähnt ist dieses Haus das älteste in Fiss! In dem attraktiv renovierten „Durchfahrtshof“ fühlt man sich kurzerhand in eine Zeit zurückversetzt, die mit Sicherheit sehr beschwerlich war. Die Atmosphäre in diesem Museum ist einmalig und auf Ursprünglichkeit reduziert. Bedrückend und heimelig zugleich. Die Mauern, Holzbalken und Fenster sind Zeitzeugen des bäuerlichen Lebens in Fiss. Als Besucher hat man das Gefühl, sie würden mit einem sprechen. Faszinierend.


Fiss und der Bloch

Innerhalb des kostbaren Architektur-Denkmals findet sich zudem eine ständige Ausstellung zum Thema Fisser Blochziehen. Der berühmte alpenländische Fasnachtsbrauch findet alle vier Jahre statt. Jedes Mal ändert sich dabei die Leitfigur. 2018 hatte der Bär die führende Rolle inne. 2011 ist dieses Volksgut in das immaterielle Kulturerbe der UNESCO aufgenommen worden.  Seinen Namen verdankt der Fisser Fasnachtsbrauch dem Bloch, einem 35 Meter langen Zirbenstamm, der durchs Dorf gezogen wird. Der Bloch stellt einen Pflug dar, der die Felder für die Aussaat aufbricht und damit den Frühlingsanfang einläutet. Ursprünglich wurde der Brauch nur von Erwachsenen zelebriert, jedoch seit nun gut einem halben Jahrhundert wird der Fasnachtsbrauch  im vierjährigen Rhythmus auch von den Fisser Kindern aufgegriffen. Das Kinderblochziehen findet am 2.2.2020 statt. Nicht verpassen!


Alles unter einem Dach

Du glaubst, dass dieser Hof vielleicht seit 100 Jahren unbewohnt ist? Weit gefehlt. Erst vor drei Jahrzehnten wurde der Hof von seinen Bewohnern verlassen. Von 1983 bis 2002 stand das Haus leer, bis es vom Musemsverein Fiss revitalisiert wurde und das heutige Museum entstand. Durch dieses Haus wurde dem kleinen Dorf eine Art „Sprachrohr“ gegeben. Geschichten wollen schließlich erzählt werden.
Familie Pale (s’Paules) und Pregenzer (s’Seppls) lebten mit bis zu 20 Menschen in jenem bäuerlichen Anwesen. Privatsphäre hatten die Bewohner hier nur wenig. Kleinere Konflikte entstanden aufgrund der beengten Wohnsituation der zwei Familien. Jedoch musste man „zomholta“ und sich mit den Gegebenheiten jener Zeit arrangieren. Man hatte keine Wahl.

Die Erbform „Realteilung“ wurde zu jener Zeit sehr häufig praktiziert. Der gesamte Besitz wurde im Erbfall unter allen Nachkommen aufgeteilt. Dazu zählten landwirtschaftliche Flächen und auch Wohnhäuser. Wenn du durch das Heimatmuseum spazierst, wirst du schnell erkennen, dass das Anwesen mehrere Küchen, Stuben, Arbeitsräume und auch Vorratskammern beherbergt. Mehrere Familien – so wie im s’Paules und s’Seppls Haus – mussten unter einem Dach zusammenleben.
Das Museum ist für alle Geschichtsinteressierten geöffnet und bietet auch Führungen an. In den Sommermonaten führt ein Brotbackkurs die Teilnehmer in das alte Handwerk ein.


So kocht ma z’Fiss

Ein ganz besonderes Buch möchte ich an dieser Stelle noch erwähnen. Auch darin wird Regionalität großgeschrieben und eignet sich neben den Bauernmarktprodukten auch wunderbar als hübsches und persönliches Geschenk. "So kocht ma z'Fiss" - so betitelt sich ein Fisser Kochbuch, das zu einem guten Zweck gestaltet wurde. Scheinbar vergessene Fisser Gerichte und traditionelle Rezepte aus der Bauernküche am Hochplateau wurden 2018 in einem Kochbuch zusammengefasst. Auch eine Naturapotheke samt Kräuterkunde und Rezepten sind in dem Buch zu finden. Der Katholische Familienverband Fiss hat mit viel Liebe zum Detail einen Band geschaffen, der es erlaubt, die bäuerliche Küche in den eigenen vier Wänden aufleben zu lassen. Die Fisser Küche ist naturverbunden und ursprünglich. Früher konnten die Bewohner des einst sehr ärmlichen Bauerndorfes nur jene Lebensmittel in den Gerichten verarbeiten, die ihnen zur Verfügung standen. Eier, Butter, Käse, Milch, Mehl oder auch Erdäpfel (Kartoffeln) waren fixer Bestandteil in zahlreichen Gerichten.

Mit den Einnahmen werden die Instandhaltung sowie die Pflege des Fisser Sternenkindergrabes sichergestellt. Zudem werden mit dem Bucherlös schöne Wolle und andere Stoffe gekauft. Daraus werden mit ganz viel Liebe und Sorgfalt - von einigen Fisser Frauen – Sternenkinderkleidchen hergestellt. Die wundervollen Kleidchen werden dann an die Krankenhäuser in Tirol verteilt. Betroffene Eltern sollen die Möglichkeit haben, ihr verstorbenes Kind warm anzuziehen und es zu halten, um sich in Würde von ihm verabschieden zu können.


Wo kann ich die Gerichte-Sammlung erwerben? Das Kochbuch kann im Infobüro Fiss des Tourismusverbandes Serfaus-Fiss-Ladis, bei der Gemeinde Fiss sowie im Shop der Bergbahnen Fiss-Ladis gekauft werden. Auf Anfrage kann das Buch auch gerne versandt werden.


Grießnockerlsuppe

Auch ich war von dem Kochbuch begeistert und sicherte mir sogleich ein Exemplar. Kochbücher gibt es zwar wie Sand am Meer, dieses ist aber ein ganz Besonderes. Ich, bekennender "Suppentiger", tischte meiner Familie an einem regnerischen Herbsttag eine traditionelle Grießnockerlsuppe auf. Mmmhh…


Zutaten für 4 bis 6 Personen

1 Ei*
1 Ei schwer Butter
2 Ei schwer Grieß
Muskatnuss, Salz, Pfeffer
1 ½ Liter Fleisch- und Gemüsebrühe

* Mein „Goggala“ brachte 58 Gramm auf die Waage. Dieses Gewicht nahm ich dann als Verhältniszahl für Butter und Grieß her. Grieß war übrigens "amea" (damals) immer verfügbar.


Zubereitung

Die Butter flaumig rühren, das Ei und den Grieß dazugeben. Mit Salz, Muskat und Pfeffer würzen. Die Masse 20 Minuten ziehen lassen. Mit zwei nassen Teelöffeln „Nockerl“ formen und auf ein nasses Brett legen. Die Suppe aufkochen und alle Nockerl gleichzeitig hineingeben. Die Nockerl zugedeckt 20 Minuten schwach kochen und danach 20 Minuten ziehen lassen. Mit frischen Kräutern servieren.


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